Behandlung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen
Eine ADHS wird bei Kindern und Jugendlichen in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Die Unterscheidung in leichtgradige, mittelgradige und schwergradige ADHS erfolgt dabei anhand der Ausprägung der ADHS-Symptomatik.
Das Ziel der ADHS-Therapie bei Kindern und Jugendlichen ist eine Verbesserung der ADHS-Symptomatik und der Entwicklung wie auch der schulischen Leistung und Sozialkompetenz der Betroffenen. Dafür können sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Ansätze kombiniert werden. Die Therapie sollte leitliniengerecht erfolgen und richtet sich zum einen nach dem diagnostizierten Schweregrad der ADHS, und zum anderen nach dem Alter des Patienten bzw. der Patientin.
Bei allen Betroffenen sollte eine umfassende Psychoedukation erfolgen. Darunter versteht man die Aufklärung über die Erkrankung und eine diesbezügliche Beratung und Führung durch Fachpersonal und unterstützende Materialien. Diese richtet sich sowohl an Betroffene als auch an deren Eltern und Bezugspersonen sowie Pädagog:innen, wie z.B. Erzieher:innen und Lehrkräfte. Wenn Betroffene neben der ADHS noch an einer Begleiterkrankung leiden und diese mit mehr Einschränkungen verbunden ist, so wird diese Störung priorisiert behandelt. Ist dies nicht der Fall, dann kann die Behandlung der ADHS anhand ihres Schweregrades erfolgen.
Liegt eine ADHS von einem leichten Schweregrad vor, oder ist das Kind jünger als sechs Jahre, sollte die ADHS vornehmlich psychosozial (einschließlich psychotherapeutisch) behandelt werden. Ist eine mittelgradige ADHS diagnostiziert, kann ergänzend zu oder statt einer intensivierten psychosozialen Behandlung auch eine medikamentöse Behandlung (Pharmakotherapie) der ADHS-Symptome erfolgen. Bei einer schweren ADHS sollte zunächst eine umfassende Psychoedukation erfolgen, wonach eine Pharmakotherapie angeboten wird. Abhängig von deren Verlauf kann zusätzlich eine psychosoziale Behandlung erfolgen.
Behandlung von ADHS bei Erwachsenen
Auch bei Erwachsenen steht zuallererst die Psychoedukation als Grundlage für die weitere ADHS-Therapie, um Betroffene bestmöglich über ihre Erkrankung aufzuklären. Im Gegensatz zur ADHS bei Kindern und Jugendlichen wird diese bei Erwachsenen jedoch nicht nach Schweregrad unterschieden und daher stets gleichbehandelt. Im Vordergrund steht die medikamentöse ADHS-Therapie.
Zusätzlich ist es auch bei Erwachsenen wichtig, im Rahmen des multimodalen Therapieansatzes nicht-medikamentöse Bausteine in deren ADHS-Behandlung zu integrieren, um Betroffene bei der Symptombewältigung zu unterstützen. Diese sind für jede(n) Patient:in individuell und können z.B. Sport, bestimmte Ernährung, Entspannungstechniken oder auch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen beinhalten.
Wenn die ADHS-Symptome sich negativ auf die Lebensqualität der Betroffenen auswirken und etwa im Beruf oder in der Partnerschaft, aber auch im Lebensalltag stark einschränken und einen hohen Leidensdruck verursachen, können psychotherapeutische Ansätze wie eine Verhaltenstherapie sinnvoll sein.
Liegen neben der ADHS weitere Krankheiten oder Störungen vor, so sollten diese Komorbiditäten gemäß den entsprechenden Leitlinien behandelt werden. Generell wird die Störung priorisiert behandelt, die am meisten einschränkt.
Psychosoziale und psychotherapeutische Interventionen bei ADHS
Unter psychosozialen Interventionen werden bei einer ADHS psychologische, psychotherapeutische (z.B. Verhaltenstherapie) sowie soziale Behandlungsansätze zusammengefasst.
Diese richten sich sowohl an Kinder und Jugendliche als auch an Erwachsene mit einer ADHS sowie an deren Umfeld, wie etwa Eltern, Bezugspersonen und Familie, Erzieher:innen und Lehrkräfte, Partner:innen oder die Schule bzw. den Arbeitsplatz. Bei ADHS-Kindern mit leichtgradiger ADHS oder unter dem Alter von 6 Jahren ist die psychosoziale Intervention der primäre Behandlungsweg. Bei einer mittelschweren ADHS können entsprechende Maßnahmen entweder primär oder begleitend zu einer medikamentösen Therapie eingesetzt werden. Bei Erwachsenen mit einer ADHS oder wenn eine schwere ADHS im Kindesalter vorliegt, begleiten diese die medikamentöse Behandlung.
Für einen psychosozialen Behandlungsansatz kommen unterschiedliche Berufsgruppen mit entsprechender Qualifikation zum Einsatz, z.B. Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen, Psychiater:innen und andere Ärzte/Ärztinnen, Pädagog:innen, Ergotherapeut:innen oder Sozialarbeiter:innen.
Das Ziel von individuell zugeschnittenen psychosozialen Interventionen ist es, die ADHS-Symptomatik der Betroffenen zu mildern, und damit deren Impulsivität und Hyperaktivität unter Kontrolle zu halten sowie deren Konzentrations- und Lernfähigkeit, aber auch soziale Kompetenz zu verbessern.
Medikamentöse ADHS-Behandlung bei Kindern und Jugendlichen
Eine Pharmakotherapie wird bei Kindern und Jugendlichen abhängig vom Schweregrad der ADHS eingesetzt:
- Wenn das Kind jünger als 6 Jahre alt ist oder eine leichtgradige ADHS vorliegt, wird keine medikamentöse Behandlung angewendet.
- Bei einer mittelgradigen ADHS kann ergänzend zu oder statt einer intensivierten psychosozialen Behandlung auch eine medikamentöse Behandlung der ADHS-Symptome in Erwägung gezogen werden.
- Liegt eine schwere ADHS vor, die sich negativ auf den Alltag der Betroffenen auswirkt, z.B. in Bezug auf schulische Leistungen oder familiäres und weiteres soziales Umfeld, so wird eine Pharmakotherapie zur Behandlung der ADHS-Symptome angeboten. Vorher sollte eine umfassende Beratung erfolgen.
Das individuelle Therapiekonzept sollte immer mit einem qualifizierten Spezialisten abgestimmt werden.
Medikamentöse ADHS-Behandlung bei Erwachsenen
Bei Erwachsenen wird eine ADHS stets medikamentös behandelt, solange dies nicht aufgrund von Begleiterkrankungen kontraindiziert ist. In wissenschaftlichen Studien wurde gezeigt, dass eine Pharmakotherapie bei der ADHS besser wirkt als psychotherapeutische Interventionen allein.
Dafür stehen Stimulanzien und Nicht-Stimulanzien zur Verfügung. Die Auswahl des Medikaments und die medikamentöse ADHS-Behandlung sollten von Ärzten oder Ärztinnen durchgeführt werden, die über entsprechende ADHS-Fachkenntnisse verfügen. Dabei sollten eventuelle Begleiterkrankungen und auch die Wirkdauer des gewählten Präparats berücksichtigt werden.
Das individuelle Therapiekonzept sollte immer mit einem qualifizierten Spezialisten abgestimmt werden.
ADHS und Sport
Wie für alle Menschen sind auch für ADHS-Betroffene eine regelmäßige Bewegung und sportliche Betätigung wichtig.
Regelmäßiger Sport kann auch dabei helfen, ADHS-Symptome zu mildern. So existiert mittlerweile eine ganze Reihe von Studien, die verschiedenste Sportarten von Tischtennis bis Yoga hinsichtlich ihrer positiven Effekte auf die ADHS-Symptomatik vornehmlich bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen untersucht haben. Auswertungen dieser Studien anhand aktueller Meta-Analysen ergaben, dass körperliche Aktivität, Training oder Sport beispielsweise die Aufmerksamkeit und die Konzentrationsfähigkeit steigern und somit die ADHS-Symptomatik lindern kann. Verantwortlich hierfür sind die Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin im Gehirn, welche durch sportliche Aktivitäten verstärkt ausgeschüttet werden können. Weiterhin wurde beobachtet, dass Sport auch Impulsivität und Aggression von ADHS-Betroffenen reduzieren kann. Dass bestimmte Sportarten dabei besonders empfehlenswert sind, konnte bisher allerdings nicht hinreichend belegt werden.
Auch ADHS-Betroffene, die Schwierigkeiten haben, bei der Sache zu bleiben und Aufgaben zu Ende zu führen, können von Sport profitieren. Dabei ist es wichtig, eine Sportart zu finden, die Spaß macht, wo auch das „Dabeibleiben“ leichter fällt. Dabei ist jeder Mensch individuell und Mannschaftssport wie Ausdauersport zum „Auspowern“ gleichermaßen geeignet. Diese Stärken zu fördern und sichtbar zu machen, kann für die Betroffenen und ihr Umfeld sehr wertvoll sein und hilft, die Selbstwahrnehmung zu verbessern und ein positives Selbstbild zu entwickeln.
Entspannungsmethoden und Selbstfürsorge bei ADHS
Auf sich selbst zu achten ist für jeden wichtig. Aber besonders für ADHS-Betroffene nimmt die Selbstfürsorge einen hohen Stellenwert ein, da sie sich leicht in Themen verlieren und unter großem Stress leiden können.
Übungen zur Achtsamkeit können bei der Stressbewältigung helfen, indem man lernt, bewusst und ohne Bewertungen im gegenwärtigen Moment präsent zu sein. Diese Geisteshaltung hilft dabei, Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen bewusst wahrzunehmen, was zu größerem inneren Frieden, weniger Stress und verbessertem Wohlbefinden führen kann. Diese umfassen für gewöhnlich Entspannungsmethoden und meditative Techniken wie etwa Sitzmeditationen und achtsames Yoga. Achtsamkeitsbasierte Interventionen konnten in wissenschaftlichen Studien zu einer Verbesserung der ADHS-Symptomatik beitragen und können also als ergänzende Therapie bei einer ADHS angewendet werden.
Auch die Möglichkeit, sich in Selbsthilfegruppen auszutauschen, kann für Betroffene hilfreich sein.
Zusätzlich zur Stressreduktion im Alltag ist es auch förderlich, auf ausreichenden und entspannten Schlaf zu achten. ADHS-Betroffene sind häufig von Schlafstörungen betroffen, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen können. Menschen mit einer ADHS können daher versuchen, ihren Körper beim Finden des natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus zu unterstützen. Dieser ist bei ADHS-Betroffenen häufig beeinträchtigt und kann zum einen durch die Einnahme des Schlafhormons Melatonin wiederhergestellt werden. Zum anderen ist es hilfreich, vor dem Schlafengehen übermäßiges Licht zu meiden, um die natürliche Melatonin-Produktion des Körpers nicht zu stören. Weiterhin kann es förderlich sein, Alkohol, Koffein und Nikotin zu meiden, oder eine klare Abendroutine zu schaffen.