ADHS-Diagnose bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

Das Krankheitsbild der ADHS ist komplex und facettenreich und erfordert somit eine sorgfältige und differenzierte Diagnosestellung durch einen Spezialisten (z.B. Psychotherapeuten oder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie), basierend auf der deutschen Leitlinie und internationalen Kriterien. Dieser Prozess ist entscheidend für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, um eine individuell angepasste und wirksame Therapie zu ermöglichen. Eine präzise Diagnostik ist die Grundlage für die Steigerung der Lebensqualität und eine Verbesserung der Prognose der Betroffenen. 

ADHS-Diagnose im Überblick

Die Frage „Ist eine ADHS heilbar“ wird sicherlich häufig gestellt. Leider muss diese mit einem „Nein“ beantwortet werden. Doch während eine ADHS zwar nicht heilbar ist, ist sie heutzutage gut behandelbar. Eine korrekte ADHS-Diagnose bildet dabei die Grundlage für eine individualisierte und effektive Therapie. Die ADHS-Diagnostik sollte sorgfältig und von spezialisiertem Fachpersonal gestellt werden, und erfolgt gemäß einer etablierten Leitlinie und international anerkannten Kriterien.  Dabei ist es wichtig, eine ADHS von anderen Krankheiten und Störungen abzugrenzen: zum Beispiel ist die ADHS eine Differentialdiagnose für andere psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder bipolare Störungen. 

Besondere Vorsicht ist geboten, wenn diese Erkrankungen gemeinsam auftreten. Weitere Informationen zu den Begleiterkrankungen einer ADHS finden Sie hier.

Die ADHS-Leitlinie: Medizinisches Regelwerk zur ADHS-Diagnose

Die ADHS ist eine komplexe Störung, die manchmal diagnostisch schwer von anderen Erkrankungen abgrenzbar ist. Weiter verkompliziert wird die Diagnosestellung dadurch, dass es keinen spezifischen Test auf eine ADHS gibt. Dennoch existieren verschiedene ADHS-Testverfahren, die von entsprechendem Fachpersonal wie Psychiater:innen oder Psychotherapeut:innen durchgeführt werden können. Die ADHS-Diagnostik erfolgt dabei anhand der ADHS-Leitlinie und orientiert sich streng an den Testkriterien der Klassifikationssysteme ICD-10 (International Classification of Diseases, 10th Revision) und DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition).

1. ICD-10

Herausgegeben von der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wird die ICD-10 weltweit für die Klassifizierung von Krankheiten in der medizinischen Praxis und Forschung eingesetzt. Sie enthält Diagnosekriterien und Codes für eine breite Palette von Krankheiten, einschließlich psychischer Störungen. In der ICD-10 wird ADHS unter der Kategorie „F90 Hyperkinetische Störungen“ aufgeführt. Die Diagnosekriterien der ICD-10 sind in der Regel strenger und legen einen stärkeren Fokus auf beobachtbare Verhaltensweisen.

2. DSM-5

Herausgegeben von der American Psychiatric Association, ist das DSM-5 ein Handbuch, das in den USA und in vielen anderen Teilen der Welt weit verbreitet ist. Es bietet detaillierte Kriterien zur Diagnose psychischer Störungen, einschließlich ADHS. Im DSM-5 wird ADHS als eine Störung mit mehreren Subtypen (vorwiegend unaufmerksamer Typ, vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ, kombinierter Typ) klassifiziert. Die Kriterien im DSM-5 sind etwas breiter gefasst und beinhalten sowohl Verhaltens- als auch kognitive Aspekte der Störung.

Beide Systeme, ICD-10 und DSM-5, sind wesentlich für die Standardisierung der Diagnose von ADHS und ermöglichen es Ärzten und Therapeuten, die Störung einheitlich zu identifizieren und zu behandeln. Sie unterscheiden sich jedoch in einigen Details ihrer Diagnosekriterien, was zu Differenzen bei der Diagnosestellung von ADHS führen kann.

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Die ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen

Sind immer mehr Kinder und Jungendliche von ADHS betroffen? In Deutschland, der EU und weltweit nimmt die Zahl der ADHS-Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen tatsächlich tendenziell zu.

Zahlreiche mögliche Gründe für diesen Anstieg werden unter Experten diskutiert, wie etwa:

  • Gesteigertes Wissen und Bewusstsein: Sowohl bei Fachleuten als auch in der breiten Öffentlichkeit gibt es ein zunehmendes Bewusstsein für die Symptome und Auswirkungen von ADHS.
  • Änderungen in den Diagnosekriterien: Revisionen in Diagnosesystemen wie dem DSM und der ICD können zu einer breiteren oder spezifischeren Definition von ADHS geführt haben, was die Diagnoseraten beeinflussen kann.

Häufig wird die ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen während der Schulzeit gestellt. Zum einen ist es hierbei möglich, dass die ADHS-Symptome in einem neuen Umfeld mit festen Regeln, strukturiertem Tagesablauf und eingeschränkter Bewegungsfreiheit deutlicher hervortreten. Zum anderen kann der Anstoß zur Überprüfung auf eine ADHS auch von diesbezüglich informiertem Schulpersonal erfolgen, während Eltern vielleicht oftmals diese Informationen oder auch die notwendige Distanz zur Beurteilung fehlen können.

Dennoch ist es teilweise schwierig, im Kindes- und Jugendalter eine ADHS zu erkennen, da deren Symptome auch gewöhnlichen Verhaltensweisen ähneln können. So kann eine Hyperaktivität bei vielen Kindern als normales Energielevel erscheinen, eine Ablenkbarkeit kann als mangelnde Reife oder Interesse interpretiert werden, und eine Impulsivität wird oft als typisches kindliches Verhalten angesehen. Die Wichtigkeit für die Diagnose liegt im Grad der Ausprägung dieser Verhaltensweisen im Vergleich zu Gleichaltrigen.

Die ADHS-Diagnose bei Erwachsenen

Die adulte ADHS ist aktuell unterdiagnostiziert. Das heißt also, dass viele Erwachsene mit einer ADHS leben, dies aber gar nicht wissen.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Teilweise sind sowohl das Fachpersonal als auch die Bevölkerung zu wenig auf die Erkrankung sensibilisiert, und erkennen diese nicht. Leider halten sich zudem noch immer zahlreiche Vorurteile gegenüber einer adulten ADHS in der Bevölkerung, was die Diagnosestellung für Betroffene weiterhin erschwert. Betroffene haben oft auch mit Fehldiagnosen zu kämpfen. Daher sollte darauf geachtet werden, andere psychische Erkrankungen, wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen, differentialdiagnostisch auszuschließen.

Was bedeutet die Diagnose ADHS für Betroffene?

Eine undiagnostizierte und damit unbehandelte ADHS kann einen großen Leidensdruck auslösen. ADHS-typische Verhaltensweisen sind für Betroffene selbst und deren soziales Umfeld oft nicht nachvollziehbar und können somit zu Problemen z.B. in Beziehung und Beruf führen. Die Auswirkungen einer unentdeckten ADHS können dabei sein:

  • Niedrige schulische und akademische Abschlüsse
  • Geringer beruflicher Erfolg
  • Gesundheitliche Probleme und Komorbiditäten
  • Zwischenmenschliche und familiäre Probleme
  • Verkehrsvergehen und riskantes Fahrverhalten
  • Erhöhte Risikobereitschaft und Kriminalität
  • Niedrige gesundheitsbezogene Lebensqualität
  • Erhöhte Mortalität

Die ADHS-Diagnose ist also für viele Betroffene eine große Erleichterung!

Dabei kann es zum einen helfen, endlich eine Erklärung für das eigene Verhalten zu haben. Denn auch wenn noch immer viele Vorurteile und Mythen rund um eine ADHS kursieren, ist deren Existenz wissenschaftlich erwiesen und niemand sollte sich für die Diagnose schämen müssen. Zum anderen ermöglicht eine ADHS-Diagnose auch die Chance auf eine entsprechende ADHS-Therapie, um die Symptome zu mildern und eine Verbesserung der Lebensqualität zu erreichen.

ADHS-Diagnosekriterien und -standards

Zur Diagnose einer ADHS werden die Kriterien der Klassifikationssysteme ICD-10 (International Classification of Diseases, 10th Revision) oder DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5th Edition) herangezogen. Diese sind allerdings vornehmlich für die ADHS-Diagnostik bei Kindern konzipiert. In der deutschsprachigen Leitlinie wird weder die Diagnose nach ICD-10 noch die nach DSM-5 bevorzugt. Wichtig ist jedoch, dass die eingesetzten Diagnosekriterien konsistent angewendet und dokumentiert werden.

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Kriterien zur ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen

Die Diagnosekriterien einer ADHS bei Kindern und Jugendlichen sind im Folgenden zusammengefasst. Dabei sind die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von ICD-10 und DSM-5 herausgestellt:

ICD-10

Bezeichnung der Störung

Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung

Symptome der Unaufmerksamkeit

Mindestens sechs Symptome treten auf.

Symptome der Impulsivität

Mindestens ein Symptom tritt auf.

Schweregrad

Nicht definiert

Auswirkungen

Die Symptome beeinträchtigen die soziale, schulische oder berufliche Funktionsfähigkeit. 

Differentialdiagnostik

Die Störung erfüllt nicht die Kriterien für eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, eine manische Episode, eine depressive Episode oder eine Angststörung. 

Diagnose

Die Symptome treten mindestens sechs Monate lang auf.

Die Symptome sind in ihrem Ausmaß nicht mit dem Entwicklungsstand des Kindes zu vereinbaren.

Symptome der Hyperaktivität

Mindestens drei Symptom tritt auf.

Beginn der Symptome

Vor dem siebten Lebensjahr

Symptomausprägung

Die Kriterien sollen in mehr als einer Situation bzw. einem Lebensbereich erfüllt sein (z.B. Schule, zu Hause)

Lebensqualität

Die Symptome verursachen deutliches Leiden.

 

DSM-5

Bezeichnung der Störung

Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung

Diagnose

Die Symptome sind während der letzten sechs Monate beständig aufgetreten.

Die Symptome sind in ihrem Ausmaß nicht mit dem Entwicklungsstand des Kindes zu vereinbaren.

Beginn der Symptome

Vor dem Alter von zwölf Jahren

Symptomausprägung

Die Kriterien sollen in mehr als einer Situation bzw. einem Lebensbereich erfüllt sein (z.B. Schule, zu Hause)

Lebensqualität

Nicht definiert

Subtypen

  • Vorwiegend unaufmerksam
  • Vorwiegend hyperaktiv/impulsiv
  • Kombiniert 

Symptome der Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität

Mindestens sechs Symptome (bzw. ab einem Alter von 17 Jahren: fünf) treten auf.

Schweregrad

Leicht / Mittel / Schwer (anhand von Symptomanzahl, -ausprägung, und daraus resultierender Beeinträchtigung)

Auswirkungen

Die Symptome beeinträchtigen die soziale, schulische oder berufliche Funktionsfähigkeit. 

Differentialdiagnostik

Die Symptome treten nicht ausschließlich im Verlauf einer psychotischen Störung auf und können auch nicht durch eine andere psychische Störung besser erklärt werden. 

Dabei decken sich die zugrunde liegenden Symptome für Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität zwischen den beiden Klassifikationssystemen weitgehend. Mehr Informationen zu ADHS-Symptomen finden Sie hier

Vorsicht ist bei jüngeren Kindern geboten: Bevor das Kind ein Alter von drei Jahren erreicht hat, sollte die Diagnose ADHS nicht gestellt werden. Auch im Alter zwischen drei und vier Jahren kann gemeinhin keine gesicherte Diagnose erfolgen. 

Auch bei älteren Kindern, also Jugendlichen, ist die ADHS-Diagnosestellung teilweise problematisch, da die Diagnosekriterien stark kindspezifisch formuliert sind, z.B. „Das Kind zappelt häufig mit Händen und Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum“. Hier ist entsprechendes Fingerspitzengefühl vom untersuchenden Fachpersonal sowie eine auf die Jugendlichen angepasste Situationsanalyse gefragt. 

Kriterien zur ADHS-Diagnose bei Erwachsenen

Bei Erwachsenen erfolgt die ADHS-Diagnose ebenfalls anhand der Kriterien von ICD-10 und DSM-5. Allerdings muss die Symptomliste entsprechend interpretiert werden, da sie auf Kinder zugeschnitten ist, wie etwa „Das Kind hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen“. Weiterhin ist zu beachten, dass während die Symptome der Unaufmerksamkeit und Impulsivität auch ins Erwachsenenalter fortbestehen können, die Hyperaktivität, also motorische Unruhe, sich ab dem Jugendalter eher in eine innere Unruhe wandelt. Zur gesicherten Diagnosestellung im Erwachsenenalter ist zusätzlich auch immer zwingend ein Nachweis auf eine in die Kindheit zurückliegende Symptomatik erforderlich.

Ein besonderes Augenmerk sollte auf die geschlechterspezifische ADHS-Diagnostik gelegt werden. Obwohl eine ADHS unabhängig vom Geschlecht auftritt, werden Frauen noch immer weniger häufig diagnostiziert als Männer. Unter anderem könnte dies daran liegen, dass die zur ADHS-Diagnostik verwendeten Fragebögen keine Unterscheidung zwischen den Geschlechtern vornehmen, und die Kriterien für Männer wie Frauen offiziell gleich festgelegt sind. Lediglich einer von sieben im deutschsprachigen Raum verwendeten ADHS-Fragebögen zur Selbstbeurteilung beinhaltet Frauen-spezifische Normen. Jedoch zeigt sich die ADHS bei Frauen häufiger in internalisierten Verhaltensweisen, also einer nach innen gekehrten Symptomatik, wodurch diese weniger offensichtlich ist. Das kann dazu führen, dass Frauen in den abgefragten Diagnose-Kriterien unterhalb der Schwellenwerte bleiben und damit durch das sogenannte ADHS-Raster fallen.

Vermuten Sie, dass bei Ihnen eine ADHS vorliegen könnte? Machen Sie den Symptom-Check für Erwachsene!

ADHS-Diagnostik: Untersuchungsmethoden und -verfahren

Bei wem sollte eine ADHS-Diagnostik durchgeführt werden?

Grundsätzlich gilt: Wenn Kinder, Jugendliche oder Erwachsene Schwierigkeiten in ihrer Entwicklung, beim Lernen oder im Verhalten zeigen oder andere psychische Probleme haben, und wenn sie sich schwer konzentrieren können oder sehr unruhig und impulsiv sind, sollte abgeklärt werden, ob eine ADHS vorliegt.

Wer kann eine ADHS-Diagnostik durchführen?

Die ADHS-Diagnostik (wie auch die spätere Behandlungsplanung) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen kann von folgendem Fachpersonal durchgeführt werden:

Kinder und Jugendliche

  • Facharzt/-ärztin (FA) für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:in
  • Psychologischer Psychotherapeut mit Zusatzqualifikation für Kinder und Jugendliche
  • FA für Kinder- und Jugendmedizin mit entsprechendem Fachwissen

Erwachsene

  • FA für Psychiatrie und Psychotherapie
  • FA für Neurologie
  • FA für psychosomatische Medizin
  • Ärztliche/Psychologische(r) Psychotherapeut:in
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Wie wird eine ADHS diagnostiziert?

Zur gesicherten ADHS-Diagnostik müssen verschiedene Verfahren eingesetzt und das Ergebnis ganzheitlich betrachtet werden. 

Das Vorgehen erfolgt dabei schrittweise und erfordert in der Regel mehrere Untersuchungstermine:

  1. 1. Erste Informationsbeschaffung: Arztgespräch zur Ersteinschätzung
  2. 2. Ärztliche Untersuchung: Ausschluss von körperlichen Ursachen zur Erklärung der Symptome
  3. 3. ADHS-spezifisches Interview: Auf die Diagnose ADHS zugeschnittene Anamnese, die folgende Punkte umfasst:
    • Perinatale Vorgeschichte (Geburtsgewicht, Komplikationen, Alkohol- und Tabakkonsum der Mutter während der Schwangerschaft)
    • Meilensteine in der kindlichen Entwicklung
    • Medizinische Anamnese (z. B. Krankheiten, Gehirnerschütterungen, Krampfanfälle usw.)
    • Auswirkungen der Symptome auf das Lernen, die Sozialisierung und das selbstständige Arbeiten
    • Temperament
    • Symptome von ADHS vor dem Alter von 12 Jahren
    • Vorhandensein von Lebensereignissen die in der Kindheit emotional besorgniserregend waren (z. B. Missbrauch, Mobbing, Scheidung, Verlust, Todesfälle, Bindungsprobleme)
  4. 4. Feedback und Behandlungsempfehlungen: Diskussion von auf den/die Betroffene(n) zugeschnittenen Therapieoptionen

Welche Fragebögen gibt es zur ADHS-Diagnostik?

Zur Diagnosestellung einer ADHS stehen unterschiedliche standardisierte, strukturierte Fragebögen, Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumente sowie Interviews zur Verfügung. 

Dabei ist eine Erfassung des Selbsturteils (Eigenanamnese) bei Kindern ab einem Alter von 11 Jahren möglich. Folgende Fragebögen werden in der Praxis eingesetzt:

Kinder und Jugendliche von 11 bis 18 Jahren

SBB-ADHS: Selbstbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen aus dem Diagnostik-System DISYPS-III

Erwachsene (ab 18 Jahren)

  • ADHS-SB: ADHS-Selbstbeurteilungsskala (HASE)
  • ADHS-E: ADHS-Screening für Erwachsene (Kurzform)
  • CAARS-S: Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten für Erwachsene, Selbstbeurteilung (Kurzform)
  • KATE: Kölner ADHS-Test für Erwachsene
  • WR-SB: Wender-Reimherr Selbstbeurteilungsfragebogen (HASE)
  • WURS-k: Wender-Utah Rating Scale – deutsche Kurzform (HASE) 

Die Abkürzung HASE bezeichnet dabei die Homburger ADHS-Skalen für Erwachsene, ein Untersuchungsverfahren der ADHS-Diagnostik im Erwachsenenalter.

Die ADHS-Diagnostik (wie auch die spätere Behandlungsplanung) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen kann von folgendem Fachpersonal durchgeführt werden:

Kinder von 3 bis 6 Jahren

  • FBB-ADHS-V: Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen im Vorschulalter aus dem Diagnostik-System DISYPS-III
  • Conners EC: Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten - Vorschulversion

Kinder und Jugendliche von 6 bis 18 Jahren

  • FBB-ADHS: Fremdbeurteilungsbogen für Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätsstörungen aus dem Diagnostik-System DISYPS-III
  • Conners 3: Conners Skalen zu Aufmerksamkeit und Verhalten – 3

Zur Diagnosesicherung ist es wichtig, dass die o.g. Befragungen anhand der Fragebögen von geschultem Fachpersonal durchgeführt werden.

Welche weiteren Untersuchungsmethoden gibt es zur ADHS-Diagnostik?

Die Diagnose ADHS sollte allerdings nicht ausschließlich aufgrund der spezifischen Fragebögen gestellt oder ausgeschlossen werden. Vielmehr basiert die ADHS-Diagnose auf dem Zusammenspiel folgender Kriterien, die im Rahmen des Diagnoseprozesses evaluiert werden sollten:

  • Umfassende strukturierte Exploration des/der Patient:in und dessen/deren Bezugspersonen (letzteres v.a. bei Kindern und Jugendlichen) u.a. im Hinblick auf
    • aktuelle ADHS-Symptomatik
    • daraus resultierenden Einschränkungen der Funktionsfähigkeit
    • aktuellen koexistierenden psychischen oder körperlichen Symptomen
    • Familienanamnese
  • Verhaltensbeobachtung des/der Patient:in
  • Psychopathologische Beurteilung des/der Patient:in
  • Körperliche und neurologische Untersuchung mit Beurteilung des Entwicklungsstandes

Obwohl es zwar keinen Labortest für eine ADHS gibt, ist eine körperliche Untersuchung zur ADHS-Diagnostik trotzdem sinnvoll. Diese dient dabei vor allem zum Ausschluss von Differentialdiagnosen (Diagnosen von Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen), die ihren Ursprung in körperlichen Gegebenheiten haben. Dazu werden z.B. internistisch-neurologische Untersuchungen des Hörvermögens und der Sehstärke oder eine Messung der Hirnströme mittels Elektroenzephalogramm (EEG) veranlasst. Auch um die Wirksamkeit einer späteren ADHS-Therapie einschätzen zu können, kann die körperliche Untersuchung eingesetzt werden.

Einen höheren Stellenwert in der ADHS-Diagnostik nehmen neurologische Untersuchungen von Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Konzentration oder Bewegungskoordination ein, denn gegenüber gesunden Vergleichspersonen zeigen ADHS-Betroffene neuropsychologische Besonderheiten. So sind bei einer ADHS exekutive (ausführende) Funktionen, wie die „motorische Inhibitionskontrolle“, beeinträchtigt. Dabei haben Betroffene Schwierigkeiten, ihre Handlungen zu kontrollieren und reagieren oft impulsiv. Des Weiteren werden bei ADHS-Betroffenen auch veränderte motivationsbezogene Prozesse und beeinträchtigte Lernprozesse beobachtet. Dies äußert sich z.B. in einem Drang nach sofortiger Belohnung oder geringerer Frustrationstoleranz. 

Fazit zur ADHS-Diagnostik

Es gibt also nicht den einen ADHS-Test, der für eine zweifelsfreie Diagnose eingesetzt werden kann. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel der Ergebnisse verschiedenster Untersuchungen von geschultem Fachpersonal.

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ADHS-Differentialdiagnostik zur Vermeidung von Fehldiagnosen

Eine ADHS wird noch immer oft übersehen.

Dafür gibt es zwei wichtige Gründe. Zum einen sind die ADHS-Kernsymptome Aufmerksamkeitsstörung, Hyperaktivität und Impulsivität relativ unspezifisch und treten auch bei anderen Störungen auf. Zum anderen kann es in Fällen, in denen die ADHS zusammen mit einer Begleiterkrankung auftritt, passieren, dass lediglich diese Begleit- bzw. Folgeerkrankung diagnostiziert wird.

Dabei kann die ADHS sowohl mit anderen psychischen Störungen sowie auch mit somatischen (körperlichen) Erkrankungen verwechselt werden. Die wichtigsten Differentialdiagnosen bei einer ADHS sind:

Symptom: Aufmerksamkeitsstörung

Psychisch/Neurologisch

  • Depression
  • Angststörung
  • Spezifische Lernstörung

 

Somatisch/Internistisch

  • Epilepsie
  • Schilddrüsenerkrankung 

Symptom: Hyperaktivität

Psychisch/Neurologisch

  • Anpassungsstörung
  • Störung des Sozialverhaltens
  • Stereotype Bewegungsstörung 
    (Autismus-Spektrum-Störung)
  • Tic-Störung

 

Somatisch/Internistisch

  • Ausdruck einer unerwünschten Arzneimittelwirkung

Symptom: Impulsivität

Psychisch/Neurologisch

  • Zwangsstörungen
  • Persönlichkeitsstörungen 

Generell

Psychisch/Neurologisch

  • Bipolare Störung
  • Psychotische Störung       
  • Suchterkrankung

Mehr zum Thema Begleiterkrankungen einer ADHS finden Sie hier.

Handlungsoptionen nach positiver oder negativer ADHS-Diagnose

Diagnose ADHS – was nun?

Im ersten Moment ist eine positive ADHS-Diagnose für viele Betroffene eine Erleichterung, da sie nun endlich wissen, was ihnen fehlt. Im Anschluss steht aber direkt die Frage: „Was ist jetzt zu tun?“

Obwohl die ADHS als solche nicht heilbar ist, gibt es doch zahlreiche verschiedene Therapie- und Behandlungsoptionen für Betroffene, die die Erkrankung unter Kontrolle halten können. Diese können mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt besprochen werden. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, sich eine Zweitmeinung einzuholen. 

Mehr zum Thema ADHS-Therapie finden Sie hier.

Liegen neben der ADHS noch weitere Erkrankungen, so genannte Komorbiditäten vor, sollten diese in den ADHS-Therapieplan mit einbezogen werden.

Mehr zum Thema ADHS-Komorbiditäten finden Sie hier.

Negative ADHS-Diagnostik – wie geht es weiter?

Wurde trotz des Vorliegens einer gewissen Symptomatik die Diagnose ADHS nicht bestätigt, so sollte der Ursprung dieser Symptome trotzdem medizinisch abgeklärt werden. Die vorliegende Problematik sollte auf weitere, nicht ADHS-assoziierte Ursachen überprüft werden, wie z.B. die zahlreichen bekannten ADHS-Differentialdiagnosen.

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EXA/DE/NS/0919
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