Was bedeutet die Abkürzung ADHS?
Die Abkürzung ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung und bezeichnet eine der häufigsten psychischen Störungen in der Kindheit und Jugend, die bis ins Erwachsenenalter fortbestehen kann.
Vielleicht kennen Sie das Störungsbild ADHS noch unter einem anderen Namen?
Die Bezeichnungen hyperkinetische Störung, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom oder auch Zappelphilipp-Syndrom werden häufig synonym für eine ADHS verwendet.
ADHS bei Kindern und Jugendlichen
Eine ADHS-Diagnose wird bei Kindern meist im Grundschulalter gestellt – und das nicht ohne Grund. Die Verhaltensauffälligkeiten, die durch ADHS-Symptome verursacht werden, treten im schulischen Kontext häufig sehr deutlich hervor und können zu erheblichen Schulproblemen führen. Ein Aufmerksamkeitsdefizit verbunden mit einer verminderten Konzentrationsfähigkeit zeigt sich oftmals durch Lernschwierigkeiten. Hyperaktive Kinder mit einer ADHS fallen ihren Lehrern und Lehrerinnen zudem häufig durch ihr unruhiges Verhalten auf.
Akademische und soziale Schwierigkeiten zeigen sich auch im Teenageralter oftmals deutlich und können Konflikte mit Mitschülern und Lehrern sowie Beziehungsprobleme nach sich ziehen, welche den Alltag von Jugendlichen und ihrer Familie zusätzlich erschweren. Ein Kind mit ADHS kann das Familienleben ganz schön auf den Kopf stellen. Viele Familien schaffen es jedoch mit der Zeit, geeignete Strategien zu entwickeln, die helfen, den familiären Alltag gemeinsam gut zu meistern.
Wie Sie ihr ADHS-Kind unterstützen können, erfahren Sie hier.
ADHS bei Erwachsenen
Eine ADHS bei Erwachsenen kann den privaten Alltag und das Berufsleben erheblich beeinträchtigen und stellt daher oftmals nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern für die ganze Familie und die Partnerschaft eine große Herausforderung dar.
Eine unbehandelte ADHS im Erwachsenenalter zeigt sich bei Männern wie Frauen oftmals durch einen unorganisierten Lebensstil, Vergesslichkeit, eine ausgeprägte innere Unruhe und Unpünktlichkeit. Daraus können Konflikte mit Kollegen, Freunden und Angehörigen resultieren, die nicht selten Beziehungsprobleme, Trennungen und Berufsprobleme nach sich ziehen.
Mehr Informationen zu ADHS bei Erwachsenen und ob es Unterschiede zwischen ADHS bei Männern und Frauen gibt, erfahren Sie hier.
Krankheitsverlauf und Prognose – Unbehandelte ADHS im Erwachsenenalter
Eine unbehandelte ADHS kann auch im Erwachsenenalter noch zu zahlreichen funktionellen Beeinträchtigungen führen und so die Lebensqualität von Betroffenen deutlich einschränken. Während die meisten Kinder mit einer ADHS mit schulischen Problemen zu kämpfen haben, sehen sich Erwachsene häufig mit beruflichen Schwierigkeiten konfrontiert. Doch auch das Privatleben ist oftmals turbulent. Häufige soziale Probleme in der Familie und auch in den Beziehungen zu Freunden und dem Partner bzw. der Partnerin erschweren den Alltag mit einer ADHS.
Bleibt eine ADHS unbehandelt, steigt zudem das Risiko für weitere Erkrankungen. Psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen und Co. kommen dabei im Erwachsenenalter besonders häufig vor.
ADHS-Symptome bei Kindern und Jugendlichen
Während im Vorschulalter vor allem eine motorische Aktivität ausgeprägt ist, zeigen sich mit Beginn der Grundschulzeit Aufmerksamkeitsstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten in Form von Lernproblemen immer deutlicher. Kinder, die unter Hyperaktivität und Impulsivität leiden, fallen in der Schule häufig dadurch auf, dass sie unruhig auf ihrem Platz hin und her rutschen, unaufgefordert aufspringen oder anderweitig den Unterricht stören. Kinder mit ADHS sind häufig nicht in der Lage, die Aufmerksamkeit bei Aufgaben und beim Spielen aufrecht zu erhalten.
Die Symptome einer ADHS im Kindesalter können daher zu erheblichen Schwierigkeiten im Schulalltag führen.
Bei Jugendlichen mit einer ADHS geht der in der Kindheit häufig zu beobachtende Bewegungsdrang tendenziell zurück. Stattdessen haben Betroffene in diesem Alter verstärkt mit innerer Unruhe und/oder Fahrigkeit zu kämpfen. Zwar nehmen wahrscheinlich die meisten Eltern ihre Kinder im Teenageralter als eher launisch und emotional wahr, eine verminderte Gefühlskontrolle, Stimmungsschwankungen und antisoziales Verhalten können jedoch bei Jugendlichen mit einer ADHS besonders ausgeprägt sein. Sie weisen eine vergleichsweise höhere Suchtgefährdung auf und haben oftmals verstärkt mit sozialen Problemen zu kämpfen.
ADHS-Symptome bei Erwachsenen
Im Erwachsenenalter äußern sich die Kernsymptome einer ADHS in der Regel anders als noch in der Kindheit. Dabei ist häufig zu beobachten, dass eine motorische Hyperaktivität bei Erwachsenen in eine starke innere Unruhe übergeht. Gleichzeitig erhöht sich zwar für gewöhnlich altersbedingt die Aufmerksamkeit und auch die Impulsivität kann sich verbessern, alle drei Symptome können jedoch auch im Erwachsenenalter die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen.
Zusätzlich leiden viele Betroffene unter weiteren, oftmals psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen. Eine ADHS kann jedoch auch komorbid mit vielen weiteren Störungsbildern wie unter anderem Persönlichkeitsstörungen, Tic-Störungen oder einer Autismus-Spektrum-Störung einhergehen. Die Symptome dieser Begleiterkrankungen können die ADHS-Symptome überlagern und so die Diagnose einer ADHS zusätzlich erschweren. In der Folge kann diese bei Erwachsenen leicht übersehen werden.
ADHS-Diagnose: Wie wird eine ADHS diagnostiziert und wer diagnostiziert sie?
Im Rahmen der ADHS-Diagnostik werden verschiedenste Untersuchungsverfahren und Methoden angewendet. Die aktuelle deutsche ADHS-Leitlinie empfiehlt neben einer ausführlichen Anamnese (Krankheitsgeschichte) durch den Arzt bzw. die Ärztin, Verhaltensbeobachtungen sowie neurologische und körperliche Untersuchungen durchzuführen. Für die Diagnosestellung werden auch spezifische Tests und ADHS-Fragebögen genutzt. Zudem sollten andere Erkrankungen, die zu ähnlichen Symptomen führen können im Rahmen einer Differenzialdiagnose ausgeschlossen sowie das Vorhandensein etwaiger Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) abgeklärt werden.
ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen
Der Ablauf einer ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen ist ähnlich wie bei Erwachsenen, bezieht aber noch einmal stärker das soziale Umfeld mit ein. So kommt neben dem Gespräch mit dem betroffenen Kind oder Jugendlichen selbst insbesondere dem Bericht der Eltern und weiterer Bezugspersonen zur Beurteilung der ADHS-Symptomatik eine entscheidende Bedeutung zu.
Mehr zum Ablauf einer ADHS-Diagnose bei Kindern erfahren Sie hier.
ADHS-Diagnose bei Erwachsenen
Wird eine ADHS erst im Erwachsenenalter diagnostiziert, besteht die Besonderheit, dass nach den aktuell gültigen Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-5 die dort festgelegten Diagnosekriterien für eine ADHS bereits in der Kindheit erfüllt sein müssen. Daher werden zur Diagnose einer ADHS im Erwachsenenalter die Entwicklung der Symptome und die daraus resultierenden funktionalen Beeinträchtigungen von Kindheit an rückwirkend betrachtet. Sofern möglich, kann man hierzu ergänzend zu den Schilderungen der Betroffenen selbst, deren Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen der Kindheit befragen sowie Zeugnisse oder sonstige Beurteilungen aus der damaligen Zeit heranziehen.
Mehr zum Ablauf einer ADHS-Diagnose bei Erwachsenen erfahren Sie hier.
Welche Therapie gibt es bei einer ADHS?
Die aktuelle deutsche ADHS-Leitlinie empfiehlt eine multimodale Therapie zur ADHS-Behandlung. Hierfür stehen unterschiedliche Therapiebausteine zur Verfügung
- Aufklärung und Beratung (Psychoedukation)
- Medikamentöse Therapie
- Psychosoziale Interventionen einschließlich psychotherapeutischer Maßnahmen
- Ergänzende Maßnahmen
Welche der Therapiemöglichkeiten ausgewählt bzw. wie kombiniert werden, ist abhängig von dem individuellen Leidensdruck und den Bedürfnissen, dem Alter, der aktuellen Lebenssituation der Betroffenen, etwaiger koexistierender Störungen sowie dem Schweregrad der Erkrankung.
ADHS-Therapie bei Kindern und Jugendlichen
Wenn die Diagnose ADHS gesichert ist, gilt es in einem nächsten Schritt abzuwägen, welche der angebotenen Therapieformen für das Kind oder den Jugendlichen am besten sind. Grundlage für die ADHS-Therapie bildet daher immer die Aufklärung und Beratung (Psychoedukation) des betroffenen Kindes, seiner Eltern und ggf. weiterer wichtiger Bezugspersonen durch den behandelnden Arzt bzw. die behandelnde Ärztin. Ergänzend zur Psychotherapie können u.a. Elterntrainings, Familieninterventionen und schulische Maßnahmen helfen, den Familienalltag sowie die Lernbedingungen in der Schule zu verbessern. Eine medikamentöse Therapie (Pharmakotherapie) wird für Kinder abhängig vom Schweregrad der ADHS eingesetzt, und hauptsächlich bei schwerer ADHS angeboten.
Bei einer mittelgradigen ADHS wird empfohlen, abhängig von den konkreten Bedingungen und Präferenzen der Betroffenen und ihres Umfelds sowie der Behandlungsressourcen nach einer umfassenden Psychoedukation entweder intensiviert psychosozial oder pharmakologisch (oder in Kombination) zu behandeln.
Weiterführende Informationen zu den einzelnen Therapieformen und Interventionsmaßnahmen zur ADHS-Behandlung im Kindes- und Jugendalter, finden Sie hier.