Symptome, Ursachen, Diagnose, Therapie und Leben mit ADHS

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine psychische Störung, von der weltweit etwa 2 bis 7 % der Kinder und Jugendlichen und Schätzungen zufolge ca. 2,5 bis 5 % der Erwachsenen betroffen sind. Typische Merkmale sind Impulsivität, Hyperaktivität und ein Aufmerksamkeitsdefizit. Das äußert sich zum Beispiel in häufigem ins Wort fallen oder exzessivem Reden (Impulsivität), in Schwierigkeiten beim Stillsitzen oder leise sein (Hyperaktivität), und einer verkürzten Aufmerksamkeitsspanne, verminderter Organisationsfähigkeit oder erhöhter Ablenkbarkeit (Aufmerksamkeitsdefizit). Eine ADHS kann daher zu erheblichen Lebensbeeinträchtigungen führen und so die Funktionsfähigkeit der Betroffenen, sei es in der Schule, im Beruf aber auch bei sozialen Kontakten stark einschränken. 

Mit einer ADHS werden jedoch auch einige Stärken assoziiert. So beschreiben sich Menschen mit ADHS oftmals als besonders kreativ und neugierig. Dabei können sie vor Energie, Begeisterung und neuen Ideen regelrecht sprühen. Als positiv empfinden viele Betroffene zudem ihre Spontanität und Abenteuerlust.

Welche Ursachen hinter einer ADHS stecken können und welche Diagnose- und Therapiemöglichkeiten es gibt, erfahren Sie hier.

Was ist eine ADHS und wie wird sie definiert?

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, auch ADHS genannt, ist eine psychische Störung, die durch die drei Kernsymptome Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit gekennzeichnet ist. Von einer ADHS können sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene betroffen sein.

Kennzeichnend ist, dass die durch die jeweiligen Symptome hervorgerufenen Auffälligkeiten deutlich vom normativen, alterstypischen Verhaltensspektrum abweichen, situationsübergreifend auftreten und mit erheblichen sozialen, schulischen oder beruflichen Einschränkungen einhergehen.

Was bedeutet die Abkürzung ADHS?

Die Abkürzung ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung und bezeichnet eine der häufigsten psychischen Störungen in der Kindheit und Jugend, die bis ins Erwachsenenalter fortbestehen kann.

Vielleicht kennen Sie das Störungsbild ADHS noch unter einem anderen Namen?

Die Bezeichnungen hyperkinetische Störung, Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom oder auch Zappelphilipp-Syndrom werden häufig synonym für eine ADHS verwendet.

ADHS bei Kindern und Jugendlichen

Eine ADHS-Diagnose wird bei Kindern meist im Grundschulalter gestellt – und das nicht ohne Grund. Die Verhaltensauffälligkeiten, die durch ADHS-Symptome verursacht werden, treten im schulischen Kontext häufig sehr deutlich hervor und können zu erheblichen Schulproblemen führen. Ein Aufmerksamkeitsdefizit verbunden mit einer verminderten Konzentrationsfähigkeit zeigt sich oftmals durch Lernschwierigkeiten. Hyperaktive Kinder mit einer ADHS fallen ihren Lehrern und Lehrerinnen zudem häufig durch ihr unruhiges Verhalten auf.

Akademische und soziale Schwierigkeiten zeigen sich auch im Teenageralter oftmals deutlich und können Konflikte mit Mitschülern und Lehrern sowie Beziehungsprobleme nach sich ziehen, welche den Alltag von Jugendlichen und ihrer Familie zusätzlich erschweren. Ein Kind mit ADHS kann das Familienleben ganz schön auf den Kopf stellen. Viele Familien schaffen es jedoch mit der Zeit, geeignete Strategien zu entwickeln, die helfen, den familiären Alltag gemeinsam gut zu meistern.

Wie Sie ihr ADHS-Kind unterstützen können, erfahren Sie hier.

ADHS bei Erwachsenen

Eine ADHS bei Erwachsenen kann den privaten Alltag und das Berufsleben erheblich beeinträchtigen und stellt daher oftmals nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern für die ganze Familie und die Partnerschaft eine große Herausforderung dar.

Eine unbehandelte ADHS im Erwachsenenalter zeigt sich bei Männern wie Frauen oftmals durch einen unorganisierten Lebensstil, Vergesslichkeit, eine ausgeprägte innere Unruhe und Unpünktlichkeit. Daraus können Konflikte mit Kollegen, Freunden und Angehörigen resultieren, die nicht selten Beziehungsprobleme, Trennungen und Berufsprobleme nach sich ziehen.

Mehr Informationen zu ADHS bei Erwachsenen und ob es Unterschiede zwischen ADHS bei Männern und Frauen gibt, erfahren Sie hier.

ADHS-Typen

Eine ADHS zeigt sich nicht bei jedem in gleicher Art und Weise. Je nachdem, welche der Kernsymptome einer ADHS dominieren, unterscheidet man daher zwischen drei verschiedenen ADHS-Typen:

  • Der vorwiegend hyperaktiv-impulsive Typ
  • Der vorwiegend unaufmerksame Typ (auch als ADS bezeichnet)
  • Der Mischtyp

Während sich beim vorwiegend unaufmerksamen Typ ein ausgeprägtes Aufmerksamkeitsdefizit zeigt, ist dieses beim hyperaktiv-impulsiven Typ nur wenig ausgeprägt. Beim ADHS-Mischtyp halten sich dagegen Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit in etwa die Waage.

Mythen über die ADHS

Nur wenige psychische Störungen wurden in den letzten Jahren so kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert wie die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand zum Trotz, existieren daher unzählige Mythen rund um die ADHS, die sich bis heute hartnäckig halten.

ADHS gibt es wirklich

Die ADHS ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) offiziell als Krankheit anerkannt. Daher wird die ADHS, wie alle anerkannten psychischen Störungen, in den gängigen Klassifikationssystemen wie der Internationalen Statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD) und dem Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer Störungen (DSM) als eigenständiges Störungsbild geführt.

ADHS ist keine Erfindung der Pharmaindustrie

Die Entstehungsbedingungen einer ADHS sind bis jetzt noch nicht vollständig geklärt. Nach aktuellem Stand der Forschung geht man davon aus, dass eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung zu einem hohem Prozentsatz vererbt wird. Zusätzlich können bestimmte Umweltfaktoren die Entstehung einer ADHS begünstigen.

Bei einer ADHS handelt es sich also nicht um eine Erfindung der Pharmaindustrie, sondern um eine nach den gängigen Klassifikationssystemen anerkannte psychische Störung, die primär auf genetische und umweltbedingte Ursachen zurückzuführen ist.

ADHS betrifft nicht nur Kinder

Früher ging man tatsächlich davon aus, dass sich eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung verwächst und mit Eintritt ins Erwachsenenalter von selbst verschwindet. Inzwischen ist jedoch bewiesen, dass die ADHS keine reine Kinderkrankheit ist, sondern bei bis zu zwei Drittel der Betroffenen auch im Erwachsenenalter noch fortbesteht.

ADHS-Kinder sind nicht schlecht erzogen

Eine ADHS ist keine Frage der Erziehung, sondern wird nach aktuellem wissenschaftlichem Stand primär durch genetische Faktoren verursacht. Das Erziehungsverhalten von Eltern oder sonstigen Bezugspersonen innerhalb der Familie und der Schule kann jedoch dazu beitragen, dass sich bestehende Verhaltensauffälligkeiten verbessern oder verschlechtern.

ADHS ist keine Modediagnose

Zwar ist die Häufigkeit von ADHS-Diagnosen in den vergangenen Jahren gestiegen, dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die ADHS zu einer Modediagnose geworden ist, die leichtfertig gestellt wird. So können die zunehmenden Diagnosezahlen ebenfalls als Ausdruck einer gesteigerten öffentlichen Wahrnehmung und Sensibilisierung von Ärzten und medizinischem Fachpersonal gesehen werden. Gegen eine Modediagnose spricht auch, dass gerade bei Erwachsenen die Diagnosehäufigkeit trotz steigender Zahlen nach wie vor unterhalb der geschätzten tatsächlichen Prävalenz liegt.

ADHS-Symptome & Komorbiditäten

Ob bei Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen – das Störungsbild einer ADHS ist vor allem durch die drei Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität geprägt. Neben diesen Kernsymptomen können Betroffene jeden Alters zusätzlich unter weiteren Symptomen sowie Begleiterkrankungen, sogenannten Komorbiditäten leiden.

Die jeweiligen Symptome und Begleiterkrankungen unterliegen dabei für gewöhnlich einem altersbedingten Wandel, so dass je nach Lebensphase die Anzeichen für eine ADHS unterschiedlich stark ausgeprägt sein können und auch die häufig begleitend auftretenden Komorbiditäten in der Regel entwicklungsbedingt variieren.

Krankheitsverlauf und Prognose – Unbehandelte ADHS im Erwachsenenalter

Eine unbehandelte ADHS kann auch im Erwachsenenalter noch zu zahlreichen funktionellen Beeinträchtigungen führen und so die Lebensqualität von Betroffenen deutlich einschränken. Während die meisten Kinder mit einer ADHS mit schulischen Problemen zu kämpfen haben, sehen sich Erwachsene häufig mit beruflichen Schwierigkeiten konfrontiert. Doch auch das Privatleben ist oftmals turbulent. Häufige soziale Probleme in der Familie und auch in den Beziehungen zu Freunden und dem Partner bzw. der Partnerin erschweren den Alltag mit einer ADHS.

Bleibt eine ADHS unbehandelt, steigt zudem das Risiko für weitere Erkrankungen. Psychische Begleiterkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen und Co. kommen dabei im Erwachsenenalter besonders häufig vor.

ADHS-Symptome bei Kindern und Jugendlichen

Während im Vorschulalter vor allem eine motorische Aktivität ausgeprägt ist, zeigen sich mit Beginn der Grundschulzeit Aufmerksamkeitsstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten in Form von Lernproblemen immer deutlicher. Kinder, die unter Hyperaktivität und Impulsivität leiden, fallen in der Schule häufig dadurch auf, dass sie unruhig auf ihrem Platz hin und her rutschen, unaufgefordert aufspringen oder anderweitig den Unterricht stören. Kinder mit ADHS sind häufig nicht in der Lage, die Aufmerksamkeit bei Aufgaben und beim Spielen aufrecht zu erhalten. 

Die Symptome einer ADHS im Kindesalter können daher zu erheblichen Schwierigkeiten im Schulalltag führen.

Bei Jugendlichen mit einer ADHS geht der in der Kindheit häufig zu beobachtende Bewegungsdrang tendenziell zurück. Stattdessen haben Betroffene in diesem Alter verstärkt mit innerer Unruhe und/oder Fahrigkeit zu kämpfen. Zwar nehmen wahrscheinlich die meisten Eltern ihre Kinder im Teenageralter als eher launisch und emotional wahr, eine verminderte Gefühlskontrolle, Stimmungsschwankungen und antisoziales Verhalten können jedoch bei Jugendlichen mit einer ADHS besonders ausgeprägt sein. Sie weisen eine vergleichsweise höhere Suchtgefährdung auf und haben oftmals verstärkt mit sozialen Problemen zu kämpfen.

ADHS-Symptome bei Erwachsenen

Im Erwachsenenalter äußern sich die Kernsymptome einer ADHS in der Regel anders als noch in der Kindheit. Dabei ist häufig zu beobachten, dass eine motorische Hyperaktivität bei Erwachsenen in eine starke innere Unruhe übergeht. Gleichzeitig erhöht sich zwar für gewöhnlich altersbedingt die Aufmerksamkeit und auch die Impulsivität kann sich verbessern, alle drei Symptome können jedoch auch im Erwachsenenalter die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen.

Zusätzlich leiden viele Betroffene unter weiteren, oftmals psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Suchterkrankungen. Eine ADHS kann jedoch auch komorbid mit vielen weiteren Störungsbildern wie unter anderem Persönlichkeitsstörungen, Tic-Störungen oder einer Autismus-Spektrum-Störung einhergehen. Die Symptome dieser Begleiterkrankungen können die ADHS-Symptome überlagern und so die Diagnose einer ADHS zusätzlich erschweren. In der Folge kann diese bei Erwachsenen leicht übersehen werden.

 

Häufige Komorbiditäten bei einer ADHS: Depression, Angst & Sucht

Die ADHS stellt ein Risikofaktor für weitere Erkrankungen, sogenannte Komorbiditäten dar. Während in der Kindheit häufig zusätzlich zu einer ADHS eine Lese-Rechtschreibstörung (LRS), eine Rechenstörung oder Störungen des Sozialverhaltens diagnostiziert werden, leiden Erwachsene mit einer ADHS besonders häufig an psychischen Krankheiten wie Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen.

Hier erfahren Sie mehr über die Begleiterkrankungen einer ADHS.

ADHS-Ursachen: Wie entsteht eine ADHS?

Es gibt nicht die eine Ursache für eine ADHS! Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung kann nach aktuellem Wissensstand durch verschieden Faktoren begünstigt werden. Dabei unterscheidet man vor allem innere und äußere Einflüsse.

Unter inneren Einflüssen versteht man die Genetik, also die Vererbung. Familien-, Adoptions- und Zwillingsstudien legen nahe, dass eine ADHS in ca. 70-80% der Fälle vererbt wird.

Zusätzlich scheinen äußere Einflüsse, also Umweltfaktoren eine ADHS zu begünstigen. Insbesondere Alkohol-, Tabak- oder Drogenkonsum der Mutter während der Schwangerschaft, aber auch Frühgeburtlichkeit und ein geringes Gewicht des Babys bei der Geburt stehen in Verdacht, pränatale Risikofaktoren für eine ADHS zu sein. Ob zusätzliche Umweltfaktoren wie psychosoziale Ursachen wie der Erziehungsstil der Eltern oder familiäre Instabilität ebenfalls Einfluss auf die Entstehung einer ADHS haben können, erfahren Sie hier.

Bei den häufig erwähnten neurobiologischen Ursachen wie einer Störung des Neurotransmitter-Systems im Gehirn, die ebenfalls im Zusammenhang mit der Entstehung einer ADHS diskutiert werden, handelt es sich eher um biologische Auswirkungen des Zusammenspiels innerer und äußerer Faktoren.

Wie bekommt man eine ADHS?

Warum eine Person eine ADHS bekommt und eine andere nicht, konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Es gilt jedoch als weitgehend gesichert, dass eine ADHS zu einem hohen Prozentsatz vererbt wird. Darüber hinaus scheinen genetisch bedingte neurobiologische Veränderungen des Gehirnstoffwechsels sowie Umweltfaktoren bei der Entstehung einer ADHS eine Rolle zu spielen.

Ist eine ADHS vererbbar?

Wer eine ADHS hat, ist damit oftmals in seiner Familie nicht allein, denn aktuellen Studien zufolge wird eine ADHS in ca. 70-80% der Fälle vererbt. Dies bedeutet, dass, wenn eine ADHS familiär auftritt, insbesondere Familienangehörige ersten Grades ein vergleichsweise höheres Risiko aufweisen, ebenfalls von einer ADHS betroffen zu sein. Daher überrascht es nicht, dass bei dem ein oder anderen Elternteil, dessen Kind die Diagnose ADHS erhalten hat, mitunter ebenfalls eine ADHS festgestellt wird.

Mehr Informationen zu den Ursachen einer ADHS finden Sie hier.

ADHS-Diagnose: Wie wird eine ADHS diagnostiziert und wer diagnostiziert sie?

Im Rahmen der ADHS-Diagnostik werden verschiedenste Untersuchungsverfahren und Methoden angewendet. Die aktuelle deutsche ADHS-Leitlinie empfiehlt neben einer ausführlichen Anamnese (Krankheitsgeschichte) durch den Arzt bzw. die Ärztin, Verhaltensbeobachtungen sowie neurologische und körperliche Untersuchungen durchzuführen. Für die Diagnosestellung werden auch spezifische Tests und ADHS-Fragebögen genutzt. Zudem sollten andere Erkrankungen, die zu ähnlichen Symptomen führen können im Rahmen einer Differenzialdiagnose ausgeschlossen sowie das Vorhandensein etwaiger Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) abgeklärt werden.

ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen

Der Ablauf einer ADHS-Diagnose bei Kindern und Jugendlichen ist ähnlich wie bei Erwachsenen, bezieht aber noch einmal stärker das soziale Umfeld mit ein. So kommt neben dem Gespräch mit dem betroffenen Kind oder Jugendlichen selbst insbesondere dem Bericht der Eltern und weiterer Bezugspersonen zur Beurteilung der ADHS-Symptomatik eine entscheidende Bedeutung zu.

Mehr zum Ablauf einer ADHS-Diagnose bei Kindern erfahren Sie hier.

ADHS-Diagnose bei Erwachsenen

Wird eine ADHS erst im Erwachsenenalter diagnostiziert, besteht die Besonderheit, dass nach den aktuell gültigen Klassifikationssystemen ICD-10 und DSM-5 die dort festgelegten Diagnosekriterien für eine ADHS bereits in der Kindheit erfüllt sein müssen. Daher werden zur Diagnose einer ADHS im Erwachsenenalter die Entwicklung der Symptome und die daraus resultierenden funktionalen Beeinträchtigungen von Kindheit an rückwirkend betrachtet. Sofern möglich, kann man hierzu ergänzend zu den Schilderungen der Betroffenen selbst, deren Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen der Kindheit befragen sowie Zeugnisse oder sonstige Beurteilungen aus der damaligen Zeit heranziehen.

Mehr zum Ablauf einer ADHS-Diagnose bei Erwachsenen erfahren Sie hier.

 

ADHS-Diagnose – Zu welchem Arzt?

Bei Verdacht auf eine ADHS sollte die diagnostische Abklärung durch Fachpersonal erfolgen.
Bei Kindern und Jugendlichen handelt es sich dabei um einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie oder für Kinder- und Jugendmedizin mit Erfahrung und Fachwissen in der Diagnostik von ADHS, oder einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bzw. Psychologischen Psychotherapeuten. Bei Erwachsenen kann die ADHS-Diagnostik von einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, für Neurologie, für psychosomatische Medizin oder durch ärztliche oder Psychologische Psychotherapeuten durchgeführt werden.

Einige Krankenhäuser verfügen zudem über ADHS-Spezialambulanzen bzw. bieten für ADHS-Betroffene Spezialsprechstunden an.

Ab wann kann eine ADHS diagnostiziert werden?

Zwar können sich erste Anzeichen einer ADHS wie eine ausgeprägte motorische Unruhe bereits sehr früh zeigen, die Symptome lassen sich jedoch vor dem Alter von 4 Jahren nur schwer vom normalen Verhaltensspektrum in diesem Alter abgrenzen.

ADHS-Therapie: Behandlungsmöglichkeiten und Ausblick

Zur Behandlung einer ADHS hat sich eine sogenannte multimodale Therapie bewährt. Bei dieser können verschiedene psychosoziale, medikamentöse sowie ergänzende Behandlungsmethoden ausgewählt und miteinander kombiniert werden, so dass die Behandlung individuell auf die Betroffenen zugeschnitten werden kann.

Weitere Informationen über die ADHS-Therapie erhalten Sie hier.

Welche Therapie gibt es bei einer ADHS?

Die aktuelle deutsche ADHS-Leitlinie empfiehlt eine multimodale Therapie zur ADHS-Behandlung. Hierfür stehen unterschiedliche Therapiebausteine zur Verfügung

  • Aufklärung und Beratung (Psychoedukation)
  • Medikamentöse Therapie
  • Psychosoziale Interventionen einschließlich psychotherapeutischer Maßnahmen
  • Ergänzende Maßnahmen

Welche der Therapiemöglichkeiten ausgewählt bzw. wie kombiniert werden, ist abhängig von dem individuellen Leidensdruck und den Bedürfnissen, dem Alter, der aktuellen Lebenssituation der Betroffenen, etwaiger koexistierender Störungen sowie dem Schweregrad der Erkrankung.

ADHS-Therapie bei Kindern und Jugendlichen

Wenn die Diagnose ADHS gesichert ist, gilt es in einem nächsten Schritt abzuwägen, welche der angebotenen Therapieformen für das Kind oder den Jugendlichen am besten sind. Grundlage für die ADHS-Therapie bildet daher immer die Aufklärung und Beratung (Psychoedukation) des betroffenen Kindes, seiner Eltern und ggf. weiterer wichtiger Bezugspersonen durch den behandelnden Arzt bzw. die behandelnde Ärztin. Ergänzend zur Psychotherapie können u.a. Elterntrainings, Familieninterventionen und schulische Maßnahmen helfen, den Familienalltag sowie die Lernbedingungen in der Schule zu verbessern. Eine medikamentöse Therapie (Pharmakotherapie) wird für Kinder abhängig vom Schweregrad der ADHS eingesetzt, und hauptsächlich bei schwerer ADHS angeboten. 

Bei einer mittelgradigen ADHS wird empfohlen, abhängig von den konkreten Bedingungen und Präferenzen der Betroffenen und ihres Umfelds sowie der Behandlungsressourcen nach einer umfassenden Psychoedukation entweder intensiviert psychosozial oder pharmakologisch (oder in Kombination) zu behandeln.

Weiterführende Informationen zu den einzelnen Therapieformen und Interventionsmaßnahmen zur ADHS-Behandlung im Kindes- und Jugendalter, finden Sie hier.

ADHS-Therapie bei Erwachsenen

Ob eine Behandlung bei Erwachsenen mit einer ADHS notwendig ist, hängt maßgeblich davon ab, wie stark diese unter ihren Symptomen leiden und wie sehr sie in ihrem Leistungsvermögen und ihrem Sozialleben dadurch beeinträchtigt sind. Während bei einigen Betroffenen bereits eine umfassende Psychoedukation reicht, um im Alltag besser mit der Störung umgehen zu können, kann bei anderen eine medikamentöse Therapie ratsam sein. Psychosoziale sowie ergänzende Maßnahmen können entsprechend des individuellen Bedarfs ebenfalls Bestandteil einer multimodalen ADHS-Therapie bei Erwachsenen sein.

Nähere Informationen zu den einzelnen Therapiemöglichkeiten einer ADHS im Erwachsenenalter, finden Sie hier.

Ist eine ADHS heilbar?

Trotz Fortschritten in der Therapie, ist eine ADHS nach aktuellem Wissensstand nicht heilbar. Mit einer individuell auf die Betroffenen zugeschnittenen ADHS-Therapie lassen sich die Symptome jedoch in der Regel gut behandeln.

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