Ein Beitrag zur „Entmythifizierung"
Nun schwirren allerlei „Wahrheiten“ über ADHS durchs Internet und durch echte Köpfe, moderne Mythen über besondere Menschen, von deren Art schon immer welche auf Erden wandelten. Innerhalb der meisten Epochen unserer Geschichte, so die Historiker, wandelten sie sogar recht erfolgreich, nur, mit zunehmender Hyperkultivierung unserer Spezies wurde es schwieriger für uns. Im Zuge dieses Blogs wollen wir ein paar dieser Mythen genauer betrachten. Beginnen wollen wir mit einer unerhörten Kernaussage: ADHSler können sich nicht konzentrieren.
Nun wird ein Großteil der Leserschaft, ob nun selbst oder als Angehöriger betroffen, sagen: Stimmt, das ist doch das Kernproblem der ganzen Nummer. Aber die Medaille hat eine Kehrseite: Wir können uns nämlich ganz hervorragend konzentrieren. So sehr sogar, dass die Wissenschaft unserer spezifischen Spezialkonzentration einen Fachbegriff zur Seite gestellt hat, die Hyperfokussierung.
Bedeutung von Hobbys und Interessen
In Themen und eigenen Projekten versinken und dafür alles andere hinten anzustellen, das ist Segen und Fluch zugleich. Als Jugendlicher konnte ich mich für irgendeine Musikrichtung begeistern, mir in kürzester Zeit alles darüber aneignen (dies bedeutete Schule schwänzen, ab in die große Stadt und durch die Läden, ja so war es damals in Vinyl-seligen Zeiten), bis hin zu einem enzyklopädischen Wissen über das jeweilige Genre - ein Nerd zu sein kann für ADHSler ein Befreiungsschlag sein, trifft man doch plötzlich auf andere des gleichen Schlags und alles ist cool. Urplötzlich aber kommt das nächste Genre, und das plötzlich so uninteressante Vor-Genre wird zurück in die Plattenläden getragen, um Berge des Folgelieblings-Genres nach Haus tragen zu können, dieses wird man ja schließlich für immer lieben, ganz klar - aber huch, was hör ich denn da, was ist denn das Geiles? Ich wusste meine Umwelt durch abenteuerliche Genre-Schwenks (von Black Metal zu Old School Country, von Hardcore Techno zu Barock usw.) zu beeindrucken. Noch mehr kann ich meine Familie erschrecken, seit es das Internet gibt. Laster, die aufgekaufte Comic-Sammlungen ankarren, die 3 Tage später wieder zugunsten einer nächtlich ersteigerten antiquarischen Hundebuchsammlung abgestoßen wurden, natürlich mit dickem monetärem Verlust, der zumindest mich so gar nicht juckt. „Hans im Glück“ ist schon immer einer meiner großen ADHS-Helden gewesen. Würde ich hier die Themen meiner Interessen, die ich stets im Hyperfokus bearbeitet habe, aufschreiben, Ihnen würde schwindelig werden. Nur so viel, es geht so seit Kindesbeinen an.
Ruhe kehrt ein, Land ist in Sicht
Inzwischen bin ich moderater, die Themen haben eine längere Halbwertzeit und die Fähigkeit zur Hyperfokussierung konnte ich bei der Arbeit kultivieren, ein höchst geschickter Schachzug, wie ich finde. Und zu Hause ist mir die Selbstversenkung in der derzeit aktuellen Passion ein angenehmer Feierabend-Vertreib geworden, mehr nicht.
Als Jugendlicher herrschte bei mir ja noch das „Grisu-Prinzip“.
Mochte ich Detektivromane, war für diesen Zeitraum völlig klar, dass ich der geilste Privatdetektiv aller Zeiten werden würde.
Übrigens, ihr lieben jungen ADHSler: Verkennt den Drachen Grisu („Ich möchte Feuerwehrmann werden!“) nicht, bleibt am Ball eurer Visionen, eure Wirkkraft ist weit mächtiger, als Ihr euch vorstellen könnt. Und damit ist auch jeder Job grundsätzlich möglich. Horcht in euch rein, was ihr wollt, ganz dringend! Anders gesagt: Erweckt es nicht eure Leidenschaft, wird es kaum was werden.
ADHS & Diagnose
15.11.2019
Der Zeitpunkt meiner Diagnose ist sicherlich als einer der großen Wendepunkte meines Lebens zu betrachten - es gibt definitiv ein Davor und ein Danach. Wie so oft waren die damaligen Begleitumstände eher dramatischer Natur.
ADHS & Arbeit
25.02.2020
„Ich bin doch nicht zum Arbeiten geboren!“ Selbstwert durch Arbeit, das kann im Kern nicht richtig sein. Dies erkannte ich schon im zarten Alter von 5 Jahren.
ADHS & Partnerschaft
13.03.2020
Ich weiß, wie man liebt und wie es ist, geliebt zu werden. Und ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn einem die Liebe – auch wenn es nur scheinbar ist – entzogen wird. Liebesentzug ist für niemanden schön, aber für ADHSler ...